Der mörderische Caravaggio
Bekannt für seine frühbarocke Hell-Dunkel-Malerei und die realistische Darstellung religiöser Szenen, sind Michelangelo Merisi da Caravaggios Werke bis heute begehrt. Dabei brach er nicht nur die Regeln der Kunst und überwand den Manierismus. Auch weltliche Gesetze scherten das Malergenie kaum; im Gegensatz zu seinen oft explizit katholischen Themen füllte der gute Mann sein Leben mit Sünden. Bekannt für seine Trunkenheit sowie seine schroffe Art, stieg mit seinem Alkoholpegel auch seine Gewaltbereitschaft. Einmal donnerte er sogar eine Platte Artischocken in das Gesicht eines Kellners. War der Kneipenbesuch vorbei, so setzte Caravaggio seine Raufereien auf der Straße fort. Mit einem Holzstock prügelte er auf einen Mann ein, ein anderes Opfer seiner willkürlichen Wut ließ er schwer verletzt auf der Straße zurück.
Ein angenehmer Hausgenosse war er, wer hätte es gedacht, nicht. Als 6 Monate lang keine Miete mehrt bezahlt wurde, veranlasste die Vermieterin eine Zwangsbeschlagnahmung von Caravaggios Wertsachen. Daraufhin zertrümmerte er ein Fenster, was die Vermieterin schlussendlich zu dem Schluss brachte, dass es besser wäre, den Maler auf die Straße zu setzen.
Im Gegensatz zu seinen bedächtig ausgearbeiteten Gemälden ließ Caravaggios sprachliche Eleganz zu wünschen übrig. Einmal pöbelte er auf der Straße grundlos eine Passantin sowie deren Tochter an. In Form von ausfälligen Gedichten machte er seinem Ärger gegenüber einem konkurrierenden Künstler Luft.
Kein Wunder also, dass der Maler bereits zu Lebzeiten mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist sowohl metaphorisch als auch wörtlich. Als er aufgrund umerlaubten Mitführens von Waffen, einem Schwert & einem Dolch, um genau zu sein, von zwei Wachen angehalten wurde, warf er Steine nach den beiden. Für dieses Vergehen wurde Caravaggio zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Seine erste war das übrigens nicht. Wieder in Freiheit schien er seine Lektion nach wie vor nicht gelernt zu haben; einige Zeit später versuchte er angeblich, einen anderen Mann zu kastrieren.
Zuletzt gipfelten seine Gewaltexzesse in einem Duell zwischen ihm und Ranuccio Tomassoni, bei dem der Maler letzteren lebensbedrohlich verletzte. Als das Gericht ihn später dafür verurteilte, war Caravaggio bereits nach Rom geflohen. Zwar wurde er später durch den Papst begnadigt, dennoch kann man anhand dieses Lebenslaufs feststellen, dass der Künstler kein angenehmer Zeitgenosse war. Nimmt man Caravaggios Verbrechen zusammen, ergäbe das nach aktuellem deutschen Standart durchschnittlich
32 Jahre Haft.
Picasso, Narzist erster Klasse
Der spanische Maler Pablo Picasso ist schwerer zu (be)greifen. Das liegt unter anderem daran, dass der Künstler erst 1973 verstarb, was eine Distanzierung von seiner Person erschwert. Hinzu kommt, dass er noch lebende Nachfahren hat, die ihr Familienleben selbstverständlich vor den neugierigen Blicken der Öffentlichkeit schützen wollen. Dennoch ergreift um die Jahrtausendwende eine Enkelin Picassos das Wort, denn 2001 veröffentlicht Marina Picasso eine Biographie über ihr Leben innerhalb der Familie Picasso. Ihr Buch "Und trotzdem eine Picasso: Leben im Schatten meines Großvaters" lässt erstmals Einblicke in die traurige Familiengeschichte zu.
Ihre Großmutter war die erste Frau des Malers, die russische Balletttänzerin Olga Stepanowna Chochlowa. Zwar lebten beide ab 1935 getrennt, als sie 1954 an Krebs erkrankte, ließ sich Picasso, der indes eine Affäre mit einem jungen Mädchen namens Marie-Thérèse Walter begonnen hatte, nicht mal dazu herab, seine Frau zu besuchen. Eine Scheidung war für den Maler ausgeschlossen, da er seinen Besitz hätte teilen müssen. Daher starb Olga als Frau Picassos, obwohl beide sich jahrelang nicht gesehen hatten. Doch auch Marie-Thérèse blieb der Maler nicht treu. Bereits 1937 lernte er Dora Maar kennen. Picasso spielte beide Frauen gegeneinander aus, genoss die Eifersucht & ergötzte sich an der Macht, die er über die beiden hatte.
„Ich hatte kein Interesse daran, eine Entscheidung zu treffen … Ich sagte ihnen, sie sollten es unter sich ausmachen.“
Für beide Frauen hatte diese emotionale Tortur gravierende Folgen; Marie-Thérèse erhängte sich 1977, vier Jahre nach Picassos Tod. Als Picasso sich 1943 von Dora Maar trennte, weil er jemand Neues kennengelernt hatte, verfiel Dora in eine schwere Depression. Zwei Jahre später wurde sie deshalb Stationär in einer psychiatrischen Klinik in Sainte-Anne behandelt. Picassos neues Mädchen war die 21-jährige Françoise Gilot. Der Maler war zu diesem Zeitpunkt 61. Sie sollte die einzige sein, die sich nicht von dem narzisstischen Künstler unterkriegen ließ. Noch heute blickt sie auf die Zeit mit Picasso zurück & ist überzeugt; so liebte sie nie wieder. Nach der Trennung von Françoise und Picasso lernte der nun 72-Jährige die 27-Jährige Jacqueline Roque kennen, die bis zu seinem Tod an seiner Seite blieb & die er 1961 ehelichte. Dreizehn Jahre nach seinem Tod nahm sie sich ebenfalls das Leben.
Ein weiterer tragischer Todesfall, den Picasso, durch seine narzisstische Persönlichkeit, zumindest indirekt zu verantworten hatte, war der Suizid von Picassos Enkel Pablito. Der junge Mann war der Sohn von Paolo Picasso, der aus der Ehe zwischen Pablo Picasso und seiner ersten Frau Olga hervor ging. Denn Jaqueline, also die zweite Frau des Künstlers, versagte sowohl den Kindern und Enkeln Olgas, als auch Françoise' die Teilnahme an der Beerdigung Picassos. Pablito war darüber so entsetzt, dass er das Bleichmittel "Javelle-Lauge" trank. Zwar verstarb er erst drei Wochen nach Einnahme der Bleiche, doch seine Verwandten waren beschäftigt damit, um den verstorbenen Pablo Picasso zu trauern & seiner Schwester Marina fehlten die finanziellen Mittel, um ihren Bruder in einer Spezialklinik behandeln zu lassen, wo man Pablito vielleicht hätte retten können.
Für Picasso waren Frauen laut eigener Aussage entweder "Göttinnen oder Fußabtreter". Diese Ansicht zog sich wie eine Ölspur durch sein Leben, wurde verdeutlicht von jeder seiner Handlungen. Doch leider kann man einen Menschen nicht dafür verurteilen, ein Arschloch zu sein. Das einzige, was man dem Künstler zur Last hätte legen können, wäre ein Vorfall, bei dem er einen Zigarettenstummel an der Wange Françoise Gilots ausdrückte. Letztere erstattete jedoch nie Anzeige. So blieb der einzige Kontakt, den der Künstler je mit der Polizei hatte, ein Verhör über den Raub der Mona Lisa.
Luther – "stupide aude"
Es ist kein Geheimnis mehr, dass der "große Reformer" Martin Luther ein unangenehmer Mensch und begeisterter Misogynist war. Das geht vor allem aus seinen zahlreichen Tischreden hervor. Dennoch wird heute in Schulen meist in einem ausschließlich positiven Kontext über den Mann geredet, der die Meinung vertrat, dass es keinerlei Verlust wäre, die Frau im Kindbett zu verlieren. (Schließlich es ihr einziger Zweck, Kinder zu gebären.)
Das liegt meiner Meinung nach zumindest teilweise an dem ideologischen Einfluss der Nazis, da sie Luthers antisemitische Aussagen für ihre Propaganda benutzen & ihn als Vorbild darstellten. Noch davor begeisterten sich Aufklärer für die vermeintlich kritische Betrachtung der bis dahin unangetasteten Religion. Darum symbolisiert Luther für viele den "kritischen Aufklärer". Der eigentliche Unterton seiner überlieferten Schriften klingt jedoch zynisch, verbittert – sogar menschenverachtend. Also gar nicht "sapere aude!". Den Verstand, welchen die Aufklärer so schätzten, bezeichnete Luther als "des Teufels Hure". Im Zweifelsfall hieß es also immer Religion > Verstand.
Und wo wir schon bei Huren & Teufeln sind; ein Förderer der Hexenverbrennung war er obendrein auch noch. Denn "das an Kräften des Leibes und des Verstandes unterlegene Geschlecht" war für Satan natürlich besonders leicht zu verführen. Im übrigen waren Hexenprozesse in protestantischen Gegenden häufiger anzutreffen als bei den Katholiken.
Sieht man das Annageln seiner 95 Thesen als Sachbeschädigung sowie die Schandreden über Frauen als Beleidigung, zusätzlich zu der falschen Anklage & Bestrafung vermeintlicher Hexen, so bekäme Martin Luther heute ungefähr:
15 Jahre Haft.
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